1. Der erste Schritt: Non Disclosure Agreement (NDA)
Der Einstieg in eine VC-Finanzierungsrunde erfolgt oft mit dem Non Disclosure Agreement (NDA). Einige Investoren bestehen darauf, um Ihre Ideen und Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Andere wiederum lehnen NDAs ab, da sie viele Deals gleichzeitig prüfen und den administrativen Aufwand gering halten möchten. Dennoch bietet ein NDA nützliche Schutzmechanismen, besonders wenn Sie bereits gewerbliche Schutzrechte besitzen.
Bei der Gestaltung eines NDAs sollten Sie das „Need-to-know“-Prinzip beachten: Geben Sie nur die absolut notwendigen Informationen preis. Ein gut formuliertes NDA enthält auch Vertragsstrafen und Beweiserleichterungen, um Ihre Position im Streitfall zu stärken. Dokumentieren Sie alle vertraulichen Informationen und übermitteln Sie diese geschützt, beispielsweise durch vertraulichkeitsvermerkte E-Mails oder gesicherte Datenräume.
Wichtige gesetzliche Regelungen, die auch ohne NDA einen gewissen Schutz bieten, umfassen das GeschGehG, das StGB (§§ 201 ff.), sowie das BGB (§ 1004). Eine zusätzliche Maßnahme kann die Nutzung von Technologien wie Blockchain sein, um Dokumente fälschungssicher zu machen und die Nachverfolgbarkeit sicherzustellen.
2. Letter of Intent (LOI)
Der nächste Schritt ist der Letter of Intent (LOI). Diese Absichtserklärung bildet die Grundlage für die weiteren Verhandlungen und kann stark variieren – von unverbindlichen Erklärungen bis hin zu fast vertraglich bindenden Dokumenten. Exklusivitätsklauseln im LOI können Sie daran hindern, parallel mit anderen Investoren zu verhandeln. Solche Klauseln sollten sorgfältig geprüft werden, da sie weitreichende Konsequenzen haben können.
Zusätzlich sollten Sie auf Regelungen zur Kostentragung (own costs) und Abwerbeverbote (Non-Solicitation-Klauseln) achten. Diese Klauseln verhindern, dass Mitarbeiter abgeworben werden, und legen fest, wer welche Kosten trägt.
Es ist auch sinnvoll, im LOI eine grobe Struktur der zukünftigen Zusammenarbeit und die geplanten Schritte nach Abschluss der Finanzierung festzuhalten. Dies schafft Klarheit und kann spätere Missverständnisse vermeiden.
3. Due Diligence
Die Due-Diligence-Phase ist eine gründliche Prüfung Ihres Unternehmens durch die Investoren. Diese umfasst betriebswirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Aspekte. Ein virtueller Datenraum (VDR) wird eingerichtet, um alle relevanten Dokumente sicher zu verwalten. Durch die Hinterlegung der Daten bei einem Notar können Sie sich vor späteren Vorwürfen der Informationszurückhaltung schützen. Eine sorgfältige Dokumentation und Archivierung aller Unterlagen ist essenziell, um Garantiehaftungen zu vermeiden.
Typische Dokumente und Bereiche, die während der Due Diligence geprüft werden, sind:
- Finanzberichte: Jahresabschlüsse, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen.
- Steuerunterlagen: Steuererklärungen, Steuerbescheide, laufende Steuerverfahren.
- Rechtliche Dokumente: Gesellschaftsverträge, Patente, Markenrechte, Verträge mit Lieferanten und Kunden.
- Geschäftsunterlagen: Geschäftspläne, Marktanalysen, Wettbewerbsanalysen.
- IT- und Sicherheitsprotokolle: Insbesondere bei Tech-Unternehmen ist die Überprüfung der IT-Infrastruktur und der Datensicherheitsmaßnahmen wichtig.
- Compliance und Risikomanagement: Überprüfung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und interner Richtlinien.
Ein entscheidender Tipp: Bewahren Sie Ihre Dokumente und Unterlagen stets sorgfältig auf. Dies ist besonders für eine anstehende Due Diligence von Vorteil und zeigt Professionalität.
4. Term Sheet
Nach der Due Diligence wird ein Term Sheet erstellt. Dieses Dokument enthält eine grobe Übersicht über die wichtigsten Bedingungen des Investments. Es ist entscheidend, jede Klausel im Term Sheet sorgfältig zu prüfen, da sie die Basis für die finalen Vertragsdokumente bildet. Typische Bestandteile eines Term Sheets sind:
- Unternehmensbewertung: Methode und Ergebnis der Bewertung.
- Investitionsvolumen: Betrag und Bedingungen des Investments.
- Beteiligungsquote: Anteil am Unternehmen, den der Investor erhält.
- Mitspracherechte: Rechte des Investors bei Unternehmensentscheidungen.
- Liquidationspräferenzen: Rechte des Investors im Falle eines Verkaufs oder einer Liquidation.
- Vesting-Regelungen: Bedingungen für das „Einfrieren“ von Anteilen der Gründer.
Ein wichtiger Punkt ist auch die Definition von Meilensteinen und Performance-Zielen, die das Unternehmen erreichen muss, um weitere Finanzierungsrunden oder bestimmte Vorteile auszulösen.
5. "VC-Vertrag"
Der VC-Vertrag setzt sich aus mehreren wichtigen Dokumenten zusammen, die detailliert ausgearbeitet werden müssen:
- Investment Agreement (IA): Legt die Bedingungen für den Funding-Tag fest, einschließlich der Garantien und Bedingungen, die erfüllt sein müssen.
- Shareholder Agreement (SHA): Regelt die Rechte und Pflichten der Gesellschafter. Dieses Dokument bleibt vertraulich und wird nicht im Handelsregister veröffentlicht, was die Vertraulichkeit der Absprachen sicherstellt.
- Intercreditor Agreement (ICA): Wird notwendig, wenn mehrere Investoren beteiligt sind, und regelt die Rechte und Pflichten der Gläubiger untereinander.
- Gesellschaftsrechtliche Dokumente: Dazu gehören Anpassungen der Satzung, die Anmeldung von Kapitalerhöhungen im Handelsregister und die Erstellung einer neuen Gesellschafterliste. Diese Formalitäten sind unerlässlich und oft komplex.
Langfristig sollten Sie stets einen strategischen Blick auf Ihr Unternehmen haben. Wo soll Ihr Unternehmen in fünf oder zehn Jahren stehen? Stellen Sie die Weichen frühzeitig auf struktureller Ebene. Stichworte wie Bad Leaver und Good Leaver Klauseln, Beteiligungen und Mitspracherechte der Investoren sind hierbei zentral.
6. Geschäftsordnungen und Annexdokumente
Neben den Hauptverträgen müssen auch Geschäftsordnungen für neu installierte Gremien erstellt werden, wie etwa für einen Beirat. Diese Geschäftsordnungen regeln die Arbeitsweise und Entscheidungsprozesse innerhalb des Unternehmens. Annexdokumente umfassen weitere relevante Unterlagen und Verträge, die im Rahmen der Finanzierung erforderlich sind. Hier ist Vorsicht geboten, da bestehende Gesellschafter persönliche Haftungen übernehmen können.
Ein umfassendes Risikomanagement und die Implementierung von internen Kontrollsystemen sind ebenfalls essenziell, um langfristige Stabilität und Vertrauen bei den Investoren zu gewährleisten.
Unterschied zwischen Signing und Closing
Ein moderner Investitionsprozess teilt sich in zwei Phasen: Signing und Closing. Beim Signing werden die wesentlichen Verträge (Investment Agreement, SHA, ICA) unterzeichnet, während beim Closing der tatsächliche Vollzug erfolgt – die letzten restlichen Dokumente werden unterzeichnet und das Kapital wird transferiert. Diese Zweiteilung ermöglicht eine klar strukturierte und nachvollziehbare Abwicklung des Investments.
Rechtsgrundlage und Rechtsnatur
Die Rechtsgrundlage einer VC-Finanzierungsrunde ist vielfältig und umfasst sowohl nationale als auch internationale Vorschriften. Im deutschen Recht spielen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB), das GmbHG (Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) sowie spezifische Regelungen des Gesellschaftsrechts und Kapitalmarktrechts eine zentrale Rolle. Wesentlich ist auch das Gesetz über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG), das die Grundlagen für den Umgang mit vertraulichen Informationen regelt.
Die Rechtsnatur der VC-Verträge ist durch ihre Komplexität und die Vielzahl der beteiligten Akteure gekennzeichnet. Die Verträge sind in der Regel zivilrechtlicher Natur und kombinieren Elemente des Schuld- und Sachenrechts. Sie beinhalten Verpflichtungen, die sich sowohl auf die unmittelbare Investition als auch auf die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Investoren und Unternehmen beziehen.
Ein wesentlicher Teil der rechtlichen Gestaltung betrifft die Gewährleistung von Transparenz und Fairness sowie den Schutz der Interessen aller Beteiligten. Dazu zählen Regelungen zu Kontroll- und Mitspracherechten, Exit-Strategien, Liquidationspräferenzen und Konfliktlösungsmechanismen.
Auch das Insolvenzrecht (InsO) spielt eine Rolle, insbesondere bei der Gestaltung von Schutzmechanismen für den Fall einer Unternehmensinsolvenz. Weiterhin sind Aspekte des IP-Rechts (Intellectual Property), einschließlich Urheberrecht und Markenrecht, sowie des IT-Rechts und Datenschutzrechts relevant, um die immateriellen Werte und die Daten des Unternehmens zu schützen.
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