
1 Warum Abmahnungen jeden treffen können
Abmahnungen sind außergerichtliche Schreiben, mit denen ein Anspruchsteller (z. B. ein Konkurrent oder eine Organisation) einen angeblichen Rechtsverstoß beanstandet und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordert. Die Verletzung kann sich auf viele Rechtsgebiete beziehen, z. B. Markenrecht (Verwendung fremder Marken), Medienrecht (rechtswidrige Berichterstattung), Urheberrecht (ungeprüfte Bilder) oder Wettbewerbsrecht (irreführende Werbung). Im Online‑Handel ist das Problem allgegenwärtig: Laut einer Händlerbund‑Umfrage haben 82 % der Online‑Händler mindestens eine Abmahnung erhalten und die durchschnittlichen Kosten pro Fall liegen bei rund 1 384 €. Deshalb lohnt es sich, die häufigsten Fehlerquellen zu kennen und rechtzeitig vorzubeugen.
2 Was genau ist eine Abmahnung?
Eine Abmahnung ist eine rechtliche Aufforderung, ein angeblich rechtswidriges Verhalten zu unterlassen und eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben. Sie dient dazu, Rechtsstreitigkeiten außergerichtlich beizulegen und spätere Verfahren zu vermeiden. Der Abmahner beschreibt den vermeintlichen Verstoß, setzt eine Frist zur Abgabe der Erklärung und fordert meist die Erstattung seiner Anwaltskosten. Abmahnen dürfen nicht nur Wettbewerber, sondern auch Verbraucherschutzverbände oder andere berechtigte Organisationen.
2.1 Abmahnberechtigte und Rechtsgrundlagen
- Mitbewerber und Wettbewerbsverbände – nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG darf jeder Wettbewerber abmahnen, wenn ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht. Auch Verbände wie die IHK oder der Händlerbund sind abmahnberechtigt.
- Rechteinhaber im Marken‑ und Urheberrecht – Inhaber von Marken, Designs oder urheberrechtlich geschützten Werken können Ansprüche direkt oder über Anwälte geltend machen.
- Verbraucher‑ und Wettbewerbsverbände – organisierte Verbände können Verstöße gegen Verbraucherrechte, Datenschutz oder Wettbewerbsregeln verfolgen.
3 Häufige Abmahngründe
Ein Blick auf die häufigsten Abmahngründe hilft, typische Fehler zu vermeiden. Die Kölner Kanzlei LHR führt unter anderem folgende „Top 20“ auf:
- Fehlerhafte Impressums‑Angaben und unvollständige Pflichtinformationen.
- Fehlerhafte Widerrufsbelehrung – unklare oder veraltete Angaben.
- Falsche Preisangaben (z. B. fehlende Grundpreise, falsche Versandkosten).
- Werbung mit veralteten UVPs oder durchgestrichenen Preisen.
- Fehlerhafte Garantiewerbung (unzureichende Hinweise zur Garantie).
- Unzulässige AGB‑Klauseln, z. B. ungültige Haftungsbegrenzungen.
- Irreführende Werbung, Alleinstellungsbehauptungen oder selbstverständlichkeiten („100 % echt“, „größter Anbieter“).
- Verstöße gegen das Verpackungsgesetz oder Kennzeichnungspflichten.
- Unzulässige Nutzung urheberrechtlich geschützter Bilder, Texte oder Musik.
- Datenschutzverstöße, unerlaubte E‑Mail‑Werbung oder fehlende DSGVO‑Konformität.
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Hinzu kommen branchenspezifische Gründe wie Verstöße gegen die Produktsicherheitsverordnung (GPSR), das ElektroG oder das Jugendschutzrecht. Indem Sie Ihre Website und Ihre Prozesse auf diese Punkte prüfen, reduzieren Sie das Abmahnrisiko erheblich.
4 Kosten und Risiken
Eine Abmahnung ist mehr als ein „unangenehmer Brief“. Sie droht mit Vertragsstrafen und Klageverfahren und zwingt Sie meist, binnen kurzer Fristen zu handeln. Die durchschnittlichen Kosten liegen laut einer Umfrage bei etwa 1 384 € pro Abmahnung; hinzu kommen Rechtsanwaltsgebühren und ggf. Schadensersatzansprüche des Gegners. Ein weiteres Risiko sind einstweilige Verfügungen, die Liefer‑ oder Vertriebsstopps erzwingen können. Sind die Forderungen unberechtigt, sollten Sie diese Kosten zurückweisen; liegt ein Verstoß vor, drohen bei falscher Reaktion hohe Vertragsstrafen.
5 Sofortmaßnahmen – was tun nach Erhalt einer Abmahnung?
Wie Sie auf eine Abmahnung reagieren, entscheidet über den weiteren Verlauf. Die Rechtsanwaltskanzlei Ecovis empfiehlt folgende Schritte:
- Ruhe bewahren – vermeiden Sie vorschnelle Aktionen.
- Fristen prüfen – die gesetzte Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sollte eingehalten werden.
- Inhalt prüfen – analysieren Sie die Vorwürfe und den Sachverhalt.
- Dokumente sichern – sammeln Sie alle Belege und Unterlagen, die Ihre Position stärken können.
- Nicht sofort unterschreiben oder bezahlen – eine voreilige Unterlassungserklärung oder Zahlung kann zu überhöhten Verpflichtungen führen.
- Rechtsrat einholen – lassen Sie die Abmahnung von einem spezialisierten Anwalt prüfen. Ein Anwalt beurteilt die formale und materielle Berechtigung der Abmahnung, die Angemessenheit der Vertragsstrafe und die geforderten Kosten.
Diese Schritte geben Ihnen Zeit, eine Strategie zu entwickeln, statt sich in teure und unnötige Verpflichtungen zu stürzen.
6 Rechtsprüfung und mögliche Reaktionen
Nach einer ersten Analyse prüft Ihr Anwalt, ob die Abmahnung formell ordnungsgemäß ist und ob tatsächlich ein Rechtsverstoß vorliegt. Abhängig vom Ergebnis bieten sich verschiedene Reaktionsmöglichkeiten an:
6.1 Modifizierte Unterlassungserklärung
Ist die Abmahnung teilweise berechtigt, kann eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben werden. Dabei wird der Umfang der Erklärung reduziert, unnötige Verpflichtungen entfallen, und die Vertragsstrafe wird angemessen gestaltet. Achten Sie darauf, nur das zu versprechen, was Sie auch einhalten können – andernfalls drohen bei künftigen Verstößen hohe Vertragsstrafen.
6.2 Widerspruch oder Gegenangriff
Erweist sich die Abmahnung als unberechtigt, sollte der Abgemahnte sie zurückweisen und eine negative Feststellungsklage in Betracht ziehen. Dabei beantragen Sie gerichtlich festzustellen, dass der Anspruch nicht besteht. Gleichzeitig kann es sinnvoll sein, das Verhalten des Abmahners auf eigene Verstöße zu untersuchen und gegebenenfalls Gegenabmahnungen zu prüfen – eine Praxis, die auch die Kanzlei LHR als Strategie anwendet.
6.3 Vergleichsverhandlungen und außergerichtliche Einigung
In manchen Fällen ist eine gütliche Einigung im Interesse beider Seiten. Durch einen Vergleich lassen sich langwierige Gerichtsverfahren und unkalkulierbare Kosten vermeiden.
7 Vorbeugende Maßnahmen – Abmahnschutz für Ihr Unternehmen
Am besten ist es, Abmahnungen gar nicht erst entstehen zu lassen. Die wichtigsten Präventionsmaßnahmen im Überblick:
7.1 Rechtssicherer Online‑Auftritt
Online‑Händler sollten ihren Webshop regelmäßig auf rechtliche Stolperfallen prüfen. Die Kanzlei windweiss bietet hierzu einen Website‑Check, der die wichtigsten Abmahnfallen identifiziert. Zu den Prüfbereichen gehören:
- Impressum & Pflichtangaben – vollständige Angaben zum Anbieter und zur Kontaktaufnahme.
- AGB & Widerrufsbelehrung – aktuelle und verständliche Formulierungen.
- Datenschutz & Cookies – DSGVO‑konforme Datenschutzerklärung und korrekte Cookie‑Banner.
- Preisangaben & Produktinformationen – vollständige Angabe von Mehrwertsteuer, Versandkosten, Grundpreisen, Kennzeichnungspflichten.
- Verpackungs‑ und Produktsicherheitsrecht (GPSR) – Erfüllung der VerpackG‑Pflichten.
- Marken‑ und Urheberrecht – Verwendung von geschützten Marken, Logos, Bildern und Texten nur mit entsprechenden Lizenzen.
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf unserer Seite „Abmahnrisiken erkennen und vermeiden“.
7.2 Schulungen und Sensibilisierung
Schulen Sie Ihr Team regelmäßig zu rechtlichen Anforderungen. Schon das Wissen um die häufigsten Abmahngründe (Impressum, AGB, Preisangaben etc.) und die richtigen Schritte im Ernstfall senkt das Risiko. Ein erfahrener Anwalt kann interne Workshops anbieten und aktuelle Gesetzesänderungen erläutern.
7.3 Vertrags‑ und
Compliance‑Management
Überprüfen Sie Ihre Verträge, Nutzungsrechte und Geschäftsprozesse. Mit einem Compliance‑System behalten Sie den Überblick über Ihre Pflichten und stellen sicher, dass alle Texte, Bilder und Werbeaussagen rechtssicher sind. Ratsam ist auch ein Monitoring Ihres Wettbewerbsumfelds – bei unlauteren Angriffen können Sie selbst aktiv werden und Mitbewerber abmahnen (lesen Sie dazu unsere Seite zu Wettbewerber‑Monitoring & Gegenangriff).
8 Besondere Abmahnbereiche und weiterführende Informationen
Abmahnungen treten in verschiedenen Rechtsgebieten auf. Wir haben dazu spezialisierte Informationsseiten, auf die Sie verlinken können:
- Wettbewerbsrechtliche Abmahnung – Detaillierte Tipps zur Verteidigung gegen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen finden Sie auf unserer Seite „Verteidigung gegen eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung“.
- Markenrechtliche Abmahnung – Was zu tun ist, wenn Sie wegen einer Marke abgemahnt wurden, erklärt die Seite „Abmahnung im Markenrecht: Wie reagiere ich richtig?“.
- Strafbewehrte Unterlassungserklärung – Erfahren Sie, warum Sie vorgelegte Unterlassungserklärungen niemals vorschnell unterzeichnen sollten und wie eine modifizierte Version aussehen kann: „Professionelle Hilfe bei strafbewehrter Unterlassungs‑ und Verpflichtungserklärung“.
- Rechtssicherer Website‑Check – Für Shop‑Betreiber bieten wir einen umfassenden Website‑Check, um Abmahnrisiken zu minimieren: „Abmahnrisiken erkennen und vermeiden“.
9 Fazit: Früh handeln, richtig reagieren
Abmahnungen lassen sich nicht vollständig vermeiden, aber Unternehmen können das Risiko erheblich reduzieren. Durch einen rechtssicheren Online‑Auftritt, regelmäßige Prüfungen und Schulungen schützen Sie sich vor typischen Fehlern.
Wenn eine Abmahnung eintrifft, behalten Sie Ruhe, prüfen Sie die Fristen und lassen Sie sich von Experten beraten. Mit einer wohlüberlegten Strategie – sei es eine modifizierte Unterlassungserklärung, Widerspruch oder Vergleich – vermeiden Sie unnötige Kosten und sichern Ihre Geschäftsinteressen.
Haben Sie eine Abmahnung erhalten oder möchten Sie Ihren Online‑Shop rechtssicher gestalten? Unsere Kanzlei in Köln bietet Ihnen kompetente Unterstützung. Kontaktieren Sie uns für eine kostenlose Ersteinschätzung und erfahren Sie, wie Sie sich effektiv vor Abmahnungen schützen können.
