
Warum sperrt Amazon Konten – und wieso wird Guthaben eingefroren?
Amazon unterscheidet zwischen Kunden‑ und Verkäuferkonten. Eine hohe Retouren‑ oder A‑Z‑Garantie‑Rate deutet auf mangelnde Produktqualität und führt oft zur Sperrung. Wer geschützte Fotos oder Produktbeschreibungen unerlaubt nutzt oder sich Marken‑ bzw. Urheberrechtsverstöße zu Schulden kommen lässt, riskiert ebenfalls eine Kontosperre. Auch das Betreiben mehrerer Händlerkonten oder die Nutzung falscher Dokumente kann das Konto zum Schließen bringen. Bei Privatkunden werden Konten häufig gesperrt, wenn Amazon einen Missbrauch des Rückgaberechts vermutet oder Zahlungsrückstände feststellt.
Viele Sperrungen erfolgen automatisiert, und Amazon zahlt Guthaben frühestens nach 90 Tagen aus, um mögliche Rücksendungen oder A‑Z‑Garantieansprüche abzudecken. Wenn danach keine Ansprüche bestehen, darf Amazon Ihr Guthaben nicht weiter zurückbehalten – es fehlt dann jeder Rechtsgrund dafür.
Ihre Rechte als Verkäufer oder Kunde
Das deutsche Zivilrecht bietet mehrere Ansätze, um unzulässige Guthabenblockaden zu bekämpfen. Eine Kontosperrung ohne berechtigten Grund stellt eine „verbotene Eigenmacht“ dar: Amazon nimmt Ihnen unrechtmäßig die wirtschaftliche Verfügung über Ihr Guthaben. In solchen Fällen können Sie per Besitzschutzklage (§§ 858 ff. BGB) die Freischaltung des Kontos und die Auszahlung des Guthabens verlangen. Daneben steht Ihnen ein Beseitigungs‑ und Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB zu, der die Störung beseitigt und künftige Sperren verhindern soll. Ist das Guthaben ohne rechtlichen Grund einbehalten worden, besteht außerdem ein Herausgabeanspruch nach §§ 812 ff. BGB.
Amazon beruft sich oft auf seine allgemeinen Geschäftsbedingungen, die angeblich eine Guthabenblockade erlauben. Nach deutschem Recht kann ein Schuldner die Leistung aber nur verweigern, wenn er ein Zurückbehaltungsrecht hat (§ 320 BGB). Bei erwirtschaftetem Guthaben ist die Gegenleistung erbracht, daher besteht kein Zurückbehaltungsrecht, wenn keine konkreten Rückforderungen vorliegen. Das Landgericht München I stellte mit Urteil vom 7. Oktober 2020 (Az. 31 O 17559/19) klar, dass Amazon das Guthaben auszahlen muss, wenn keine konkreten Ansprüche der Käufer existieren.
Seit dem 17. Februar 2024 gilt zudem der Digital Services Act. Er verpflichtet große Plattformen wie Amazon, suspendierte Nutzer über die konkreten Gründe zu informieren, Beschwerdemöglichkeiten einzurichten und Maßnahmen transparent zu machen. Willkürliche oder algorithmisch ausgelöste Sperrungen sind untersagt. Ergänzend verbietet der Digital Markets Act diskriminierende oder willkürliche Maßnahmen gegen gewerbliche Nutzer. Viele Klauseln in Amazons AGB, die eine umfassende Sperrung ohne Begründung ermöglichen, wurden zudem von deutschen Gerichten als unwirksam eingestuft, weil sie Händler unangemessen benachteiligen.
Wie Sie Ihr Amazon-Guthaben entsperren – Schritt für Schritt
Zunächst sollten Sie Ihre Performance‑Kennzahlen, Retouren und Kundenbeschwerden prüfen und sämtliche Rechnungen, Liefernachweise und Kommunikation dokumentieren. So können Sie zeigen, dass Sie Ihre Pflichten erfüllt haben. Kontaktieren Sie über das Seller Central oder den Kundenservice den Amazon‑Support und fragen Sie nach dem konkreten Sperrgrund.
Als Verkäufer müssen Sie für Amazon häufig einen Plan of Action erstellen. Beschreiben Sie präzise, was Ihrer Meinung nach zur Sperrung geführt hat, welche Maßnahmen Sie bereits ergriffen haben und wie Sie künftig ähnliche Probleme verhindern. Verwenden Sie dazu die von Amazon bekannten Begriffe wie „Root Cause“, „Corrective Actions“ und „Preventive Measures“ und belegen Sie Ihre Darstellung mit Unterlagen. Parallel sollten Sie Amazon schriftlich zur Auszahlung Ihres Guthabens auffordern, auf die Rechtsprechung des LG München I und § 1004 BGB verweisen und eine Frist setzen.
Reagiert Amazon nicht oder lehnt den Einspruch ab, empfiehlt es sich, einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen. Ein Anwalt kann Amazon mit einem förmlichen Schreiben zur Freigabe des Guthabens bewegen oder per einstweiliger Verfügung eine schnelle Auskehr der Gelder erzwingen. Viele Sperrungen lassen sich so außergerichtlich lösen. Bleibt Amazon stur, können Sie Klage einreichen. Neben der Auszahlung ist unter Umständen Schadensersatz möglich, wenn Ihnen durch die Sperrung nachweislich Einnahmen entgangen sind.
Warum anwaltliche Unterstützung entscheidend ist
Unsere Kanzlei begleitet regelmäßig Mandanten bei Kontosperrungen und eingefrorenem Guthaben und weiß, welche Unterlagen Amazon akzeptiert und welche juristischen Kniffe funktionieren. Wir nutzen die neuesten Urteile sowie die Vorgaben des DSA und DMA, um Ihre Ansprüche durchzusetzen In den meisten Fällen können wir die Freischaltung Ihres Kontos und die Auszahlung des Guthabens rasch erreichen, damit Ihre Liquidität gesichert bleibt. Amazon agiert häufig über luxemburgische Gesellschaften, doch deutsche Gerichte sind zuständig, wenn der Verkäufer aus Deutschland stammt. Wir vertreten Sie vor deutschen Gerichten und umgehen so Sprach‑ und Zuständigkeitsprobleme.
Fazit: Handeln Sie schnell
Eine Kontosperrung und eingefrorenes Guthaben sind kein Bagatellfall. Ohne berechtigten Anspruch muss Amazon Ihr Geld auszahlen – das besagt die Rechtsprechung und das regeln die neuen EU‑Vorschriften. Wenn Ihr Konto gesperrt ist oder Amazon Ihr Guthaben zurückhält, sollten Sie nicht warten, sondern Ihre Rechte aktiv durchsetzen. Gerne prüfen wir Ihren Fall unverbindlich, schätzen Ihre Erfolgsaussichten ein und kümmern uns darum, dass Sie schnell wieder über Ihr Guthaben verfügen können.
